Le Grand Pavois

die Bootsaustellung in La Rochelle

Kaum, dass ich nach 1.100 km Nachtfahrt müde und ausgelaugt in La Rochelle ankomme, fängt es zu regnen an: Der "crachin" – ein ganz feiner nebelartiger Regen – taucht die riesige Marina "les Minimes" in ein schummriges Grau. Na super, denke ich mir; aber was soll's, denn dem Heftchen der Messegesellschaft entnehme ich, dass auf dem "Grand Pavois de La Rochelle" 12 bewohnbare Mehrrumpfboote erstmals dem Publikum vorgestellt werden. Keine schlechte Quote, bei etwa 250 Booten, die hier im Wasser dümpelnd auf Messebesucher warten. Insgesamt dürften gut 500 Boote ausgestellt sein. Das ist zwar zwergenhaft verglichen mit dem, was die Düsseldorfer Messe bietet – multihull-mäßig aber dürfte La Rochelle weltweit der größte Messestandort sein. Kein Wunder, liegen doch viele der renommiertesten Multi-Werften in nur wenigen hundert Kilometern Entfernung.


"Le Grand Pavois": Multis wohin das Auge blickt!

Allein auf dem Messegelände entdecke ich gut und gerne 21 Multis: Größtes Boot der Messe ist die neue Ocean Voyager Light mit 82 Fuss, ein Open-bridge-Kat für karibische Tageschartertouren. Ebenfalls herausragend ist die "Victorinox" (Novara 50R), der futuristische Technologieträger von Dr. Mai, ohne Mast zwar noch, aber rassig wie kein zweiter Multi hier. Da gehen die Privilege 585, eine 16 Meter lange Looping von Delhay, ein 15,8 Meter langer Katamaran von Multihull Concept Meditéranée oder eine Catana 471 geradezu unter. Der Vollständigkeit halber seien noch folgende Kats aufgezählt: Lagoon 380, Dean Catamarans 440, Nautitech 40 (die neue Version). Dann von Fountaine Pajot eine Belize 43, eine Bahia 46, eine Lavezzi 39,1 und das brandneue Fountaine-Pajot-Flagschiff, die 60-Fuß lange Eleutheria! Dann sehe ich noch eine Athena 38, zwei Helios 42, eine Piana 30, je eine 23 und 28 Fuß lange Aventura von Go Catamarans sowie eine 4xCat28Raid. Für die Tris halten der Dragonfly 920 Extreme von Quorning und die Challenge 30 von Naval Force 3 die Flaggen hoch.

Wer noch mehr Multis sehen will, muss nur die Stege ablaufen: Hier in der Sportbootmarina "Les Minimes" wimmelt es nur so von Mehrrumpfbooten, und im alten Stadthafen von La Rochelle habe ich noch weitere 16 Kats gezählt.


Aventura 28

Go Catamarans stellt seine beiden demontierbaren Katamarane für küstennahe Fahrten aus, das etwas ältere 23 Fuß lange und das neuere 28 messende neuere Design (die folgenden Ausführungen beziehen sich auf den 28-Fuß-Kat). Laut Prospekt handelt es sich um den "besten Kompromiss zwischen Geschwindigkeit und Komfort". Die Lebensräume sind bei diesem Kat – ganz klassisch – in den Rümpfen untergebracht. Die Deckslinien sind harmonisch, fließend und können als gelungen bezeichnet werden.


Aventura 28: Klassischer Aufbau mit harmonischen Linien

In den 1,25 Meter breiten Rümpfen geht es naturgemäß eng zu: Sie bieten keine Stehhöhe (geschätzte Höhe: 1,70m) und sind in wenig heimeligem, aber dafür pflegeleichtem Topcoat-Finish gehalten. Im Messeboot ist zwar alles vorhanden – zwei enge Doppelkojen, Kombüse, Nasszelle, Tisch, Naviecke –, doch selbst das leere Messeboot lässt erahnen, wie eng es hier im Segelalltag zugehen dürfte. Der Kat ist in zwei Ausbauvarianten lieferbar: Entweder in einer Version mit Doppelkoje, Pantry plus Salontisch in einem Rumpf und mit Doppelkoje, Naviecke plus Nasszelle im anderen Rumpf. Oder aber in einer Version, bei der die Pantry an Deck wandert und einer zweiten Doppelkoje (plus Nasszelle) Platz macht. Wie dem auch sei, der "Schlauchcharakter" und die Enge der Lebensräume sind einfach prägend. Das ist wohl der Preis, der für die Unsinkbarkeit (ausgeschäumte Rümpfe) und für die Trailerbarkeit gezahlt werden muss (Außenrumpfbreite: 1,25m).


Aventura 28: Steuerbordrumpf; komplett zwar, aber doch beengt

Welche Weite dagegen auf der Decksplattform: Sie bietet Platz und gute Sicht; selbst unter der Cockpitpersenning kommt kein Gefühl der Enge auf. Das Finish erscheint mir an Deck um Klassen besser als jenes in den Rümpfen. Bänke und Boden sind mit Teak(Imitat?) belegt.

Der Mast steht auf einem Kasten, der Segelkram (oder die Pantry) aufnimmt. Zwei Winchen sind für die Bedienung der Selbstwendefock vorgesehen. Das Hauptsegel ist durchgelattet, im Top ausgestellt und wird mit Traveller und Talje gefahren am Heckbeam.

Beim Begehen der Decks und der Rümpfe kommt mir kein Knirschen zu Ohren, und auch weiche Stellen kann nicht ausmachen. Die Konstruktion scheint fest und seegerecht. Die GFK-Teile sind in Polyester-Schaum-Sandwichkonstruktion ausgeführt, die Beams sind Alu-Profile. Alle Beschläge sind von renommierten Herstellern und scheinen gut platziert und ausreichend dimensioniert.

Das Boot ist wahlweise mit Einzel- oder Doppelmotorenanlage zu haben; bei Letzterer sind die Außenborder hinter der Cockpitplattform untergebracht: Augenscheinlich stabil aufgehängt, dafür aber bei Hack möglicherweise recht tief positioniert, so dass sie Wasser schaufeln dürften. Der Einzelaußenborder residiert dagegen im Cockpit.

Die Rümpfe sind mit Festkielen versehen und versprechen mit ihrer langen Wasserlinie, den scharf geschnittenen Bügen im Zusammenhang mit einer Bootsbreite von 5,25 m gute Segeleigenschaften. Das Boot ist zwar demontierbar (alle diesbezüglichen Beschläge sehen praxisgerecht aus, aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Detail) – aber ein Straßentransport mit stehender Cockpitwanne vor den beiden Rümpfen wird nicht jedermanns Sache sein.

Vom 28-Fuß-Design schwimmen 16 Boote, genauso viele wie vom 23er. Ein 36-Fuß-Design ist in Vorbereitung und soll anlässlich der Bootsaustellung in Paris im Dezember vorgestellt werden.

Daten laut Herstellerprospekt: Länge ü.a.: 8,43m, Wasserlinienlänge: 8,43m, Breite ü.a.: 5,25m, Rumpfbreite: 1,25m, Tiefgang: 0,68m, Segelfläche am Wind: 15 (Fock) + 25 qm (Groß) = 40 qm, Leergewicht: 1.400 kg, Basispreis: 64.700 Euro inkl. Steuern
website: www.go-catamaran.com


4xCat28Raid

Die gleich lange Messeneuheit, 4xCat28Raid, ist alles andere als klassisch: Bei diesem Boot ersetzt ein "Wohnkasten" den auf vielen Kats üblichen mittleren Alu-Beam. Somit ist der Wohnbereich im Brückendeck untergebracht, der als geräumiger "Espace de vivre" (Lebensraum) ausgelegt ist und zwei vollwertige Doppelkojen vorweist. Verglichen mit den "braven" Aventura-Kats hat das 4xCat-Design etwas Peppiges! Zwar kann von Stehhöhe im Wohnbereich nun gar keine Rede mehr sein, aber das Raumgefühl ist für einen demontierbaren und seglerisch ambitionierten Kat doch wirklich beeindruckend. Neben den beiden Kojen (1,50 mal 2,00m), die gleichzeitig Sitzgelegenheit bieten, nimmt der Wohnbereich einen großen Klapptisch, eine demontierbare Mini-Küche und diverse Schapps auf. Die Optik des "Wohnkastens" mit seinen schrägen Kanten und kleinen Fenstern ist zwar gewöhnungsbedürftig, die Wohnlichkeit aber einige Zugeständnisse an die Konventionen wert. Außerdem: Wer einmal im Cockpit Platz genommen hat, sieht nur die schönen Seiten dieses Bootes.


4xCat28: Der "Wohnkasten" als konstruktives Element

Wer aber nun die Rümpfe aus dem Sinn verliert, verpasst etwas: Über Luken im Cockpit zugänglich, bieten sie auf ihrer ganzen Länge eine Menge Stauraum. Die Werft bietet an, hier noch Einzelkojen und eine Toilette unterzubringen. Selbst 11-kw-Einbaudiesel sind laut Werft denkbar, die Geschwindigkeit soll dann über 15 Knoten liegen. Klar, dass hier Segel, Leinen, Tanks etc. untergebracht werden und somit den "Wohnkasten" frei halten.

Der 4xCat 28 ist ebenfalls unsinkbar: Geflutet und mit fünf Personen an Bord soll das Boot nur ganze 6cm tiefer liegen und noch überraschend gut mit dem Außenborder manövrierbar sein, erklärt mir der Konstrukteur Bernard Lelièvre. Bei einem Leergewicht von 1.150kg haben 1.600l Schaum im Boot Platz gefunden – vor allem in den Rümpfen unterhalb der Wasserlinie.


4xCat28 Raid: Der "Wohnkasten" von der Backbordseite aus gesehen

An eine auf den Straßentransport ausgelegte Demontage ist ebenso gedacht, wie an eine Verschiffung des Kats in einem 40-Fuß-Container. Daran dachte Monsieur Lelièvre auch bei der Namensgebung für das Boot ("Raid" und "tout terrain nautique" stehen für "überall einsetzbar") und die Frachttarife wusste er auch gleich zu nennen: 1.400 Euro für Bangkok, 4.200 Euro für Fort de France in der Karibik ... Auch hier wird gelten: Demontieren und trailern sind zeitraubend, arbeitsintensiv und nix für schwache Nerven...

Anders als bei seinem direkten Konkurrenten Aventura 28, bei dem die Rümpfe nach Ausbau mit der Decksschale geschlossen werden, basiert der 4xCat28Raid auf vier identischen Halbschalen: Rümpfe und Decks kommen aus der gleichen Form. "Solidität, Qualität, Leichtigkeit" sind die Karten auf die der Zulieferer der Rümpfe, Kingcat-Vip, in Olonne sur Mer, setzt. Diese Werft ist seit 1977 mit dem Infusionsverfahren vertraut und garantiert leichte und zugleich hochfeste Rümpfe. Auch bei diesem Boot sind Rümpfe und Deck – Divinycell-Sandwich und Vinylester im Infusionsverfahren sei Dank – augenscheinlich gut und fest gebaut. Was sich produktionstechnisch vorteilhaft auswirkt (nur eine Form für Rümpfe und Decks), bedeutet aber auch weniger Volumen im Kopfbereich der Rümpfe und eingeschränkte Bewegungsfreiheit aufgrund der gewölbten Deckflächen. Im Hafen wirkt sich Letzteres kaum aus, auf See aber möglicherweise doch. Der Antirutschbelag ist über alle Zweifel erhaben. Der Optik kommen die Rundungen auf jeden Fall zugute.


4xCat28Raid: Die Heckansicht zeigt das große Cockpit, den Eingang in den "Wohnkasten", die Motoraufhängung und die nach oben gewölbten Laufflächen an Deck.

Der Mast ist drehbar, und die Segel bzw. Fallen und Fockschot werden von einer einzigen Winch auf dem "Wohnkasten" verwaltet. Auch hier an Bord: durchgelattetes und ausgestelltes Hauptsegel (ohne Baum) plus Selbstwendefock, gefahren an Markenbeschlägen. Im Vorschiffsbereich wurde auf einen vorderen Beam verzichtet, der überlange "Bugspriet" wird an den Bügen mit Drahtstropps nach unten abgespannt. Durch dieses Konzept scheint das Trampolin eine Menge von seiner üblichen Stabilität zu verlieren, aber das mag täuschen. Der zentrale Außenborder wird mittels Seilzügen mitgelenkt.

Was von Weitem wie ein kleiner Design-Gag aussieht, die schwarzen Büge und Hecks, sind in Wirklichkeit Gummipuffer, die die Bootsenden wirkungsvoll vor Gelcoatschäden schützen. Das Boot hat Festkiele und ist fürs Trockenfallen ausgelegt.

Der 4xCat28Raid kann statt in der "Sail-away"-Version auch in einer "Packs"-Version geordert werden. In diesem Fall sollen 2 Personen das Boot an 2 oder 3 Wochenenden komplettieren können.


4xCat28Raid: Trockenfallen können ist Pflicht!

Die französische Bootszeitschrift "Bateaux" hat in ihrer September-Ausgabe den 4xCat28Raid gestestet und ist des Lobes voll: Am Wind und raumschots vergeben die Tester jeweils 5 von 5 möglichen Sternen, für die "inneren Werte" 4 von 5. Gesamturteil: 5 Sterne! Während meiner Probefahrt mit dem Edel-42-Kat (siehe unten) war der 4xCat28Raid ebenfalls auf dem Wasser: Selbst mit 5 oder 6 Personen an Bord fetzte der kleine Kat wie eine wild gewordene Biene um seine größeren Brüder umher. Offensichtlich ein flottes Boot!


4xCat28 Raid: Wahrlich flott unterwegs

Aventura 28 und 4xCat28Raid rivalisieren um die Gunst der gleichen Seglerschaft. Beides sind Boote für küstennahes Segeln, die Segelspaß über Wohnkomfort stellen. Unsinkbarkeit und Demontierbarkeit sind bei beiden Konzepten Standard. Die Preise sind fast identisch. Der Hauptunterschied beider Kats liegt im Brückendeck: Hier bietet der 4xCat28Raid mit seinen beiden Doppelkojen im "Wohnkasten" Außergewöhnliches!

Daten laut Herstellerprospekt: Länge ü.a.: 8,49m, Wasserlinienlänge ü.a.: 8,49m, Breite ü.a.: 5,30m, Tiefgang, 0,70m, Leergewicht: 1.150kg, Segelfläche: 11 (Fock) + 29 (Groß) qm = 40 qm, Standardpreis inkl. Steuern: 62.395 Euro;
website: www.adn-lelièvre.com


Hélios 42

Auch die Messeneuheit Hélios 42 präsentiert sich mit schwarzen Gummipuffern an den Bootsenden – Zufall? Nein: Der gleiche Architekt! Während Monsieur Lelièvre für die Hélios 42 und die kleinere 38er "nur" die Pläne liefert, zeichnet, baut und vertreibt er den 28-Fuß-Kat selber. Bei genauerem Hinsehen fällt noch eine weitere Gemeinsamkeit zwischen beiden Entwürfen auf: Die runden Laufdecks. Klar: Auch hier kommt die Werft mit einer Schale für beide Rümpfe und beide Decks aus (siehe auch oben: 4xCat28Raid). Auch hier gebe ich zu bedenken: das geht zu Lasten der Innenräume und der Laufdecks. Zudem werden für die 38er und 42er möglichst viele gleiche Teile konstruiert; auch das soll Kosten senken.


Hélios 42: Mit Schwertern und Pinnensteuerung

Die Werfleitung, die vor einigen Jahren den Firmennamen "Edel" erwarb, hat sich zum Ziel gesetzt, jene Lücke am Katamaran-Markt zu füllen, die die Lagoon-, Fountaine-Pajot-, Dufour-Kats etc. unbesetzt lassen: einfache, sichere, leichte und gut segelnde Kats zu bauen. So bietet die Hélios 42 Schwerter statt Kiele, Pinnen- statt Radsteuerung, eher viel als wenig Segelfläche und "nur" 8 Kojen statt der üblichen 10 oder 12 (mit entsprechend kleineren Tanks). Die Edel-Leute wollen also den seglerisch anspruchsvollen Eigner und nicht den (Ver)Charterer ansprechen.

Das von mir probegesegelte, voll ausgerüstete Eignerschiff (Baunummer 1) kam im Mai dieses Jahres zu Wasser. Das Boot ist, vor allem für einen Prototyp, sauber verarbeitet, ohne erkennbare Nachbesserungen, und scheint schon recht ausgereift – dem kleineren Bruder Hélios 38 sei Dank. Unter Deck bietet der Kat die klassische Aufteilung: Je zwei Doppelkojen in den Rumpfenden, dazwischen Nasszellen. Die maximale Rumpfbreite wird mit 1,65m angegeben. Im Brückendeck finden sich Salon, Navigationsecke und Kombüse, alles hell, freundlich und seegerecht. Daneben steht eine 3-Kabinen-Eigner-Version im Programm. Für alle darüber hinausgehenden Einrichtungswünsche, sofern sie nicht die Bootsstruktur als solche in Frage stellen, ist die Werftleitung offen. Die Wassertankkapazitäten hat der Eigner vergleichsweise klein gehalten, hier hilft ihm ein water-maker, Ballast zu sparen.

Die beiden 28-PS-Saildrives brummen kaum hörbar vor sich hin, als wir den übervollen Hafen "Les Minimes" verlassen. Das 63 qm große durchgelattete und ausgestellte Hauptsegel wird von einem kräftigen Mann bis kurz vor den Masttop gezogen, auf dem letzten Meter hilft die Mastwinch. Und dann ein Schreck: Was für ein Lappen! Da haben die Leute von Delta-Voiles vollkommen daneben gegriffen: Das Tuch samt Segellatten ist viel zu schwach und voller Falten. Der Werftchef versichert: Nach der Messe holt die Segelmacherei das Tuch ab und bessert nach (... tauscht aus, denke ich mir). Dafür steht die 21,7-qm-Selbstwendefock wie eine Eins. Und nicht nur das: Auch die Wenden klappen vollkommen problemlos. Ab geht's: Am Wind zeigt das Log bei etwa 20 Knoten wahren Wind gut 8 Knoten. Auf Nachfrage hin gesteht der Eigner, dass zwei Faltpropeller ganz oben auf seiner Weihnachtswunschliste stehen. Später setzen wir den Gennacker, und die Geschwindigkeit klettert bei abnehmendem Wind auf über 10 Knoten.


Hélios 42: Am Wind flott unterwegs

Hey, was macht das Steuern Spaß: Dazu tragen die tiefgehenden Steckschwerter ihren Teil mit bei! Das Boot ist drehfreudig und springt auf jede Pinnenbewegung prompt an – kein Vergleich zu den üblichen Rad-Hydraulik-gesteuerten Kats gleicher Größe. Die Pinnen sind seitlich nach innen versetzt (lassen somit die Stufen am Heck optimal frei) und werden mit Hilfe von zwei Sticks auf bequemen Plastiksitzen gesteuert. Pinne rum und schon ist das Boot gewendet. Während die kleine Gesellschaft an Bord ein Gläschen Bordeaux nach dem anderen genießt, mache ich hier mit Begeisterung Schlag auf Schlag. Um aber keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Um Sicht nach Lee, also über das Brückendeck hinaus zu haben, muss der Steuermann ab und zu aufstehen.

Mehr oder weniger zufällig kreuzen wir mit der anderen Hélios 42, einer Hélios 38 und der 4xCat28 auf und ab. Dabei fällt mir auf, dass wir am Wind deutlich schneller als die 38er segeln: In der kurzen Welle schaukelt sich der vier Fuß kürzere Kat auf und verliert an Fahrt, während wir stoisch die Wellen durchpflügen. Raumschots fällt der Geschwindigkeitsunterschied geringer aus. Die andere 42er ist uns immer einen Tick voraus. Raumschots hält der 28-Fuß-Kat locker mit uns mit. Allerdings segeln die viel nasser als wir. Schon seltsam, auf dem Wasser nur Kats zu sehen und dann auch nur solche mit schwarzen "Nasen".

Im ganzen Kat findet sich kein konstruktives Teil aus Marinesperrholz: zu schwer! Entweder findet Massivlaminat Einsatz oder GFK-Wabensandwich. Die Rümpfe sind eher schmal als breit und orientieren sich eher an Regatta- als an 13-Kojen-WohnkKats. Wer an der Pinne sitzt, hat sein schlankes Unterwasserschiff im wahrsten Sinne des Wortes ständig vor Augen!


Hélios 42: Hier kann man erahnen mit welchem Plaisir dieser Kat zu steuern ist! Mit Hilfe der Pinne lässt sich das Boot sehr direkt und unmittelbar manövrieren. Bis auf die fehlende Sicht nach Lee eine wunderbare Sitzposition (Edel, Frankreich).

Skegs vor den Saildrives schützen Propeller und Ruderblätter und ermöglichen so ein problemloses Trockenfallen oder Beachen.

Der Hélios 42 ist ein Kat, der alle jene interessieren sollte, denen die üblichen Kats zu schwer, zu plump, zu untertakelt und zu teuer sind. Ich bin mir sicher, dass dieses Boot mit einem guten Hauptsegel und Faltpropellern jedem anderen 42-Fuß-Großserienkatamaran die Hecks zeigen wird. Ganz besonders hat mir die Pinnensteuerung in Kombination mit der Selbstwendefock gefallen: So ein wendiges Boot mit Pinne zu steuern ist eben ein ganz besonderer Segelspaß. Konstrukteur und Werftleitung sind selber engagierte Segler, die ein offenes Ohr für Eignervorstellungen haben. Wer sich bei Großserienherstellern nicht gut aufgehoben fühlt, sollte unbedingt mit Monsieur Ferchaud Kontakt aufnehmen. Bald soll eine "offene" 38er (Open-brigde-deck-Version) in die Karibik ausgeliefert werden.

Angaben laut Herstellerprospekt (Hélios 42): Länge ü.a.: 12,68m, Breite ü.a.: 6,65m, Leergewicht: 6.400 kg, Tiefgang: 1,05/2,20m, Segelfläche: 21,7 (Fock) + 64 qm (Groß) = 85,7 qm, Motoren: 2 x 28 PS Saildrive, Dieseltanks: 2 x 95l, Wassertanks: 2 x 200l, Standardpreis inkl. Steuern: 313.000
website: www.edel-catamarans.com

In Frankreich wird das Leergewicht üblicherweise als "pois lège" oder als "déplacement lège" aufgeführt: Darunter ist das segelfertige Boot (also mit Segeln, Leinen, Ankergeschirr etc.) inklusive Sicherausrüstung, Personen, aber leeren Tanks zu verstehen.


Hansjörg Hennemann
25. September 2003


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