Ankern mit einem 24-Fuß-Trimaran

Mit meinem F 24 trödele ich in den Sommermonaten durch die Inselwelt des Ionischen Meeres und da gehört Ankern zum täglichen Brot. Da mein Trimaran werftmäßig allerdings ohne Ankerrolle ausgestattet ist (sie verträgt sich wahrscheinlich nicht mit dem Beschlag für den Bugspriet), der Ankerkasten am Bug so flach ist, das er allenfalls einen mittelgroßen Anker (Typ: Danforth) aufzunehmen vermag und die Stagfock an Deck die Bewegungsfreiheit am Bug sehr einschränkt, mußte ich mir wohl oder übel ein anderes Ankersystem ausdenken, als das vorgesehene.

Obwohl ich grundsätzlich möglichst wenig Gewicht an Bord schleppen wollte, war ich nicht bereit beim Ankergeschirr einen faulen Kompromiss einzugehen. Äolus und Poseidon haben mir mehrfach gezeigt, dass es sehr nervig sein kann mit einem leichten Multi in einer Bucht ankerauf zu gehen, um den Ankerplatz zu wechseln oder, um den Anker weiter auszubringen, wenn der Platz eingeschränkt ist und der Wind erst mal mit 5 und mehr Windstärken weht, gerade wenn man einhand unterwegs ist. Der Tri schaukelt sich in den Wellen schnell auf, was den Außenborder daran hindert seinen Schub ins Wasser zu bringen. Zudem ist die Abdrift enorm und der F 24 "segelt" auch ohne Tuch am Mast munter drauf los. Meine Devise lautet daher: Lieber gleich "richtig" ankern, so, dass ich auch stärkeren Wind "aussitzen" kann, ohne bei Hack noch mal ankerauf gehen zu müssen, um "nachzubessern".

Nachdem ich mit einem Leichtgewichtanker (Typ: Bulldog, ein preiswerter Fortress-Verschnitt) katastrophale Erfahrungen gemacht habe, entschied ich mich für einen 11-kg-Bügelanker, den ich an einen Kettenvorlauf (8mm) von 15 Metern und an 35 Meter langes Gurtband auf der Rolle schäkelte. Blieb die Frage: Wo und wie den Krempel so unterbringen, dass er an Deck möglichst wenig Stolperfallen bietet, den Gewichtstrimm nicht entscheidend verschlechtert, aber der Anker auch einhand schnell und einfach zu bedienen und er jederzeit einsatzfähig ist. Da ich mit dem flachgehenden Tri meist "beache", also den Bug zum Strand lege und den Anker über das Heck ausbringe, verwarf ich die Idee des klassischen Bugankers schnell. Das (vorläufige) Ergebnis dieser Überlegungen zeigen die beiden Aufnahmen.

Für den Bügelanker habe ich am achteren Beam eine Halterung mit Gummirollen gebaut, die es mir ermöglicht, den Anker von der Pinne aus fallen zu lassen. Auf See ist die Kette in großen Bögen in einem "Kettenschlauch" aus Tuch untergebracht, der an Ösen möglichst nahe am Hauptrumpf festgelascht ist. Das Ende der Kette ist an das Gurtband geschäkelt dessen Rolle im Cockpit befestigt ist. Wenn es ans Ankern geht, öffne ich den Reißverschluß des "Kettenschlauchs" und die Kette rutscht auf das Trampolin und ich entsichere den Anker. Über dem Ankerplatz gebe ich dem Anker (meist auf 3 Meter Wassertiefe) einen Schubs und er fällt ins Wasser, wonach er dann ganz ordentlich, sittsam und gleichmäßig die Kette vom Trampolin ins Wasser zieht. Nach 15 Metern rollt sich dann das Gurtband ab. Währenddessen kann ich recht ungestört mit Schwert, Ruder und Motor hantieren. Kurz vor dem Strand stoppe ich das Boot, belege das Gurtband und grabe so gut es geht den Anker mit Motorkraft ein. Dann bringe ich eine Landfeste aus und kann das Boot (notfalls) mittels der Schotwinschen in die gewünschte Position bringen.

Will ich doch mal unter Buganker liegen, läuft das Manöver im Grunde genauso ab, mit dem Unterschied, dass ich ganz zum Schluß das Gurtband um eines der Wanten zum Bug führe, das Boot drehe und die Ankerleine an der Bugklampe belege. Wenn es dann ankerauf geht, bietet das Trampolin eine - im Vergleich zum Bug - tolle Bewegungsfreiheit und Standsicherheit, um den Anker auch bei Wind und Welle hochzuholen.

Würde ich heute, nach der zweiten Saison, an dem System etwas verbessern wollen? Ja, zum einem würde ich mir eine Nirokette leisten, weil sie weniger Schmutz an Deck bringt und besser auf dem Trampolin rutscht, als meine alte verzinkte Kette. Zum anderen werde ich die hölzerne Ankerhalterung gegen eine mit Ankerwippe austauschen - das Testmodell aus Holz hat seine Schuldigkeit getan und gezeigt, daß sich das System in der Praxis gut bewährt hat. Gewichtsfanatiker mögen das System für überdimensioniert halten, aber die paar Kilo zuviel lassen mich besonders ruhig schlafen.

Hansjörg Hennemann, Frankfurt, August 2002