Die Bewertung von gebrauchten Mehrrumpfbooten

Ein Beitrag von Herr Ralf Weise - Yacht & Bootsservice Bremen

Die Blickwinkel

Die Bewertung eines gebrauchten Mehrrumpfbootes kann aus vielen Blickwinkeln heraus erfolgen:

Diese Betrachtungsweisen kenne ich selber alle zur Genüge:

Der Gefühlsaspekt

Wenn ich heute als Referent über die Bewertung von gebrauchten Mehrrumpfbooten spreche, mache ich das in erster Linie aus dem Blickwinkel des Maklers und Gutachters heraus. Dabei versuche ich, die gefühlsmäßige Seite eines Bootskaufes, die ich als Käufer, aber auch als Verkäufer kennengelernt habe - und letztendlich als Eigner eines eigenen Kreuzerkats immer noch lebe - nachzuvollziehen. Ich betrachte es aber als meine Aufgabe, eine eher nüchterne und möglichst objektive Betrachtungsweise den oft emotionalen Aspekten der Vertragspartner entgegenzusetzen. Denn der Anstoß und die Triebfeder, ein Schiff zu erwerben, ist gefühlsmäßiger Natur.

Wir wollen uns damit einen Traum erfüllen, Freiheit leben, die wir an Land nur schwer finden können. Wir wollen der Natur, vielleicht sogar unserem Ursprung oder Gott näherkommen, wir suchen Herausforderungen und Selbstbestätigung und gleichzeitig versprechen wir uns Erholung. Manche Menschen wollen auch flüchten, vor dem Staub an Land, der Politik, Beziehungsproblemen oder sogar vor sich selber. Das Schiff steht als Symbol für all diese Erwartungen, die beim Segeln über die Meere erfüllt werden sollen. Es schenkt uns die Freiheit, unsere Träume realisieren zu können und gleichzeitig die Geborgenheit inmitten eines Elementes, auf dem wir ohne unser Schiff verloren wären.

So entwickeln die erfahrenen Segler oft eine tiefe Bindung zu ihrem Gefährt, eine Bindung, die aufgrund vieler Erlebnisse gewachsen ist. Diejenigen, die noch nicht so oft Rasmus’ kräftigen Atem gespürt haben, mögen zwar ein Defizit auf der empirischen Seite haben, dafür besitzen sie aber eine noch ungeschliffene Fantasie, die nicht weniger kraftvoll ist.

So treffen auch bei einer Verkaufssituation oftmals sehr unterschiedliche Menschen zusammen, erfahrenen und unerfahrene, temperamentvolle und ruhige, Kaufleute und Beamte, alte und junge.

Doch der Grund, ein Schiff kaufen oder verkaufen zu wollen ist bei beiden Menschen gefühlsmäßiger Natur. Sollen dann zwei sehr unterschiedlichen Charaktere zu einem Kaufabschluß gelangen, müssen objektive Kriterien gefunden werden, die eine Einigung ermöglichen.

Etwas anders verhält es sich allerdings, wenn ein Kaufmann einen gebrauchten Kat erwerben will, um damit z. B. Daycharter in Griechenland zu betreiben, dann gerät der gefühlsmäßige Aspekt in den Hintergrund. An seine Stelle tritt im Vorfeld eine Wirtschaftlichkeitsrechnung.

Fünf Kriterien für einen erfolgreichen Kaufabschluß

I. Es muß geprüft werden, ob der Käufer den richtigen Katamaran vor sich hat.
II. Der Käufer muß wissen, was ihn in technischer Hinsicht erwartet.
III. Der Verkäufer möchte sein Schiff in den richtigen Händen wissen.
IV. Es muß ein Preis gefunden werden, mit dem beide Parteien einverstanden sind.

Betrachten wir die Punkte I-V näher:

I . Die Überprüfung der richtigen Schiffswahl Nicht jedes Schiff ist für jeden Einsatzweck geeignet. Ein besonders schnelles Schiff wird nicht sehr bequem sein und ein Langfahrtenschiff muß von der Innenarchitektur her anderen Anforderungen genügen als ein Marinaschiff. Sicher möchte jeder ein schnelles, geräumiges, seetüchtiges, gemütliches, bequemes, leicht zu handelndes Schiff zu einem geringen Preis haben, manche von uns möchten noch ökologische Aspekte mit einfließen lassen oder den Gesichtspunkt der Wertbeständigkeit, eher simpler oder aufwendiger Technik, bestimmter Linienführung - doch wir können beruhigt sein, so etwas gibt es nicht.

So gilt es also ein möglichst genaues, das heißt auch ehrliches, Anforderungsprofil zu entwerfen. In diesem Raster können wir dann beurteilen, ob das Fahrzeug wirklich den Vorgaben entspricht. In einem Beispielfall soll ein Kreuzerkatamaran folgende Anforderungen erfüllen:

V. Die Verkaufsabwicklung muß rechtlich korrekt durchgeführt werden.

1. Er soll Langfahrttauglich sein, dazu gehört:
1.1. Eine große Stabilität, auch diagonal,
1.2. Robuste Konstruktion
1.3. Solide Bauausführung
1.4. Große Zuladungsfähigkeit
1.5. Leichte Reparierbarkeit
1.6. Überschaubare Technik
1.7. Guter Verschlußzustand
1.8. Entsprechende Sicherheitsausrüstung, die an dieser Stelle einmal aufgelistet werden soll:

1.8.1. Seeschlagblenden
1.8.2. Seeanker
1.8.1. Seeschlagblenden
1.8.2. Seeanker
1.8.3. Gutes dreifaches Ankergeschirr
1.8.4. Sturmsegel
1.8.5. Funkausrüstung
1.8.6. Feurlöschausrüstung
1.8.7. Rettungsboot- oder Insel
1.8.8. Werkzeug
1.8.9. Rettungswesten
1.8.10. Sicherheitsleinen
1.8.11. Kräftige Lenzanlage
1.8.12. Lecksicherungssystem

2. Es soll einhand zu segeln sein, dazu gehört:
2.1. Leichte Bedienbarkeit der Riggkomponenten
2.2. Ein gut geschützter Steuerstand
2.3. Zwei unabhängig voneinander arbeitende Selbststeuermöglichkeiten
Das beste ist ein elektrischer Autopilot und zusätzlich gute Selbststeuereigenschaften des Schiffes oder zusätzlich eine Windfahnensteuerung. Nicht optimal, aber möglich ist auch eine zweite elektrische Selbststeueranlage, die permanent am zweiten Ruder montiert ist oder eine identische Reserveanlage, die in der Ersatzteilkiste liegt. Dazu die Möglichkeit, immer genügend Strom zu produzieren.
2.4. Eine gute Seekoje, bei Brückendeckkats am besten im Decksalon.

3. Es muß - und das kommt nicht nur der handwerklichen und seemännischen Unerfahrenheit des Käufers entgegen - möglichst einfach aufgebaut sein, ein Punkt, der gerade von Anfängern oft übersehen wird. Dazu gehört:
3.1. Leichte Zugänglichkeit der Maschine und Elektrik.
3.2.. Übersichtlich verlegte Elektrik.
3.3. Nicht zu viel Verbraucher
3.4. Zuverlässige Verbraucher
3.5. Robuste Riggkomponenten
3.6. Wasser-, Diesel- und Sanitärinstallation müssen simpel und robust sein.

Es gilt also, nach der Aufstellung der eigenen Auswahlkriterien, das Schiff nach diesen Voraussetzungen zu überprüfen. Daß im Vorfeld der Markt in einem eigenen Preissegment abgeklopft wird ist klar, genaueres wird gleich noch unter Punkt IV. ausgeführt werden.

Vernünftig wäre es jetzt, nach einer eigenen Prioritätenliste Punkt für Punkt abzuhaken. (Was wir an dieser Stelle aus Zeitmangel nicht leisten können) In praxi wird man dann an jedem einzelnen Kriterium Informationsdefizite feststellen. In unserem Verkaufsbeispiel, in dem der Verkäufer sehr erfahren, der Käufer aber unerfahren ist, könnte er sich im Grunde auf die Darstellung des Verkäufers verlassen, wenn da nicht die Verkaufssituation wäre, in der unterstellt werden kann, daß der Verkäufer sein Schiff nur verkaufen will, ohne Rücksicht auf Eignung für den Käufer. Es ist immer richtig, von Käuferseite aus so etwas zu unterstellen, möge der Verkäufer noch so nett und sympathisch sein. So sollte ein unerfahrener Käufer immer einen Fachmann, in diesem Falle einen erfahrenen Mehrrumpffachmann bei der Untersuchung des Bootes mitnehmen.

Vom Großen auf’s Kleine

Wenn wir in der Anforderungsliste oben anfangen, geht es unter Langfahrttauglichkeit bei Punkt 1.1. Stabilität los. Wie beurteilt man die Stabilität das Schiffes?
Selbst ein erfahrener, in der Szene beheimateter Segler wird bei der Beurteilung der Stabilität an Grenzen stoßen, die es zu überwinden gilt. Doch wie?

Da die meisten uns von keine Konstrukteure sind, hilft hier das Image des Schiffstypes. Es gibt für viele Typen genügend Informationen darüber, ob es besonders stabil ist oder nicht, bei anderen Typen, von denen nur wenige Exemplare gebaut wurden, kann man sich an die Konstruktionsmerkmale stabiler Schiffe annähern.

Die oft benutzte Formel zur Berechnung der Querstabilität, die eine Funktion aus Breite mal Gewicht darstellt, ist zu oberflächlich und sagt zum Beispiel nichts über die Diagonalstbilität aus. Fahrtenkats können, abgesehen von der klassischen Querkenterung durch eine Böe, im Sturm - unter Einwirkung hoher Wellen - über Kopf kentern. Dem ist durch Stabilität in Längsrichtung, gestreckter Auftriebsverteilung und Reserve-auftriebsverteilung, kleiner Wind- und Wellenangriffsfläche und niedrigem Gewichts-schwerpunkt zu begegnen. Zusätzlich kommen noch Randaspekte wie Cockpitgröße, Steuerfähigkeit, Freibord oder Decksgestaltung im Vorschiffsbereich dazu.

Haken wir die Liste weiter ab, kommen wir - abgesehen von weiterhin schwer zu beurteilenden Kriterien - zu einfacheren Punkten, die sich oftmals auf der Ausrüstungsseite bewegen, wie z.B. Seeanker. Doch auch hier ist es oft komplexer, als es zuerst erscheint. Ist kein Seeanker an Bord, muß z.B. bedacht werden, daß es mit der Anschaffung zu seinem Marktpreis nicht getan ist. Wie wird der Anker gefahren, sind die Beschläge stark genug für einen Hahnepot, kann er gar über die Ankereinrichtung ausgebracht werden? Leinen müssen zusätzlich zum Anker angeschafft werden, ist vielleicht schon eine lange Schlepptrosse an Bord?

Diese zwei Beispiele aus einer langen Prioritätenliste sollen deutlich machen, daß sich die einzelnen Punkte wieder in viele Unterpunkte verzweigen und daß es darum geht, von vornherein eine möglichst systematische Bewertungsliste zu schaffen, auf der man dann Punkt für Punkt durchgeht. An den Punkten, an denen man keine befriedigende Antwort findet, schreibt man ein Fragezeichen in seine Liste und konsultiert dann mit seinen Fragen Leute, die einem eine Antwort geben können.

Zur weiteren Aufsplittung unserer Liste mag der Punkt 1.3. Solide Bauausführung dienen. Zunächst teilen wir den Rumpf in diverse Bereiche wie Über- oder Unterwasserschiff, Deck, Brücke, Rigg und Cockpit. Unterpunkt 1.3.1. Mag das Unterwasserschiff sein. Hier unterteilen wir wieder und betrachten alle Einzelheiten, die unter Wasser sind, so z.B. 1.3.1.1. Das Ruder. Doch auch das Ruder ist nicht ein Ding, sondern besteht aus vielen Einzelkomponenten. So kommen wir z.B.zu 1.3.1.1.2. dem unteren Ruderlager, wo wir die Bauart, das Material, die Dimensio-nierung, die Anbindung an das Blatt, den Abnutzungsgrad, die Austauschbarkeit und Verfügbarkeit von Ersatzteilen beurteilen sollten.

II. Technische Analyse

Die technische Analyse knüpft an I. an, führt aber weiter. Es wird nicht nur gefragt, ob das Schiff für den vorgesehenen Einsatzzweck geeignete Einzelkomponenten besitzt, sondern ob alle technischen Aspekte in Ordnung sind. So wird also die gesamte Ober-fläche untersucht und beurteilt, ob feine Haarrisse im Aufbau auf Strukturschwäche deuten oder auf äußere mechanische Einwirkung hin entstanden sind. Es wird eine Osmoseuntersuchung durchgeführt und bei eher unwichtigen Komponenten wieder eine Unterdifferenzierung vorgenommen, also z.B.
X.1. Kombüse
X.1.1. Kühlschrank
X.1.1.1. Kühlkompressor
X.1.1.1.1. Elektrische Versorgung
X.1.1.1.1.1 Kontaktkorrosion
X.1.1.1.1.2. Kabelquerschnitt
X.1.1.1.1.3. Kabelführung, Kabelkanäle
X.1.1.1.1.4. Halterung, Verbindungen
X.1.1.1.1.5. Batteriekapazität
X.1.1.1.1.6. Lademöglichkeit

III Verkäuferwünsche

Dieser Punkt scheint erst einmal sehr nebensächlich, hat aber manchmal eine größere Wirksamkeit. Für den Verkäufer spielt es - ich muß zugeben nicht allzu oft - eine Rolle, ob das Boot in gute Hände kommt oder nicht. Sollten sich aber mehrere Personen auf seine Verkaufsofferte hin um das Schiff bemühen, wird er demjenigen den Vorzug geben, von dem er den Eindruck hat, daß er sich sorgfältig um sein Schiff kümmern wird. Es wird für ihn vielleicht auch wichtig sein, daß er das Schiff irgendwann einmal wiedersieht oder sogar noch einmal mitsegeln kann, eventuell auf einem unbekannten Revier. Dafür ist wiederum die Sympathie zu dem Käufer wichtig.

Es ist ja nicht so, daß für Katamarane ein absoluter Käufermarkt gegeben ist. Gute Fahrtenkats sind eher rar und so kommt eine Einigung oftmals nicht nur über den Kaufpreis, sondern auch über die eben beschriebenen Verkäuferwünsche zustande.

Für den Käufer ist diese Haltung ebenfalls ein Vorteil. Er weiß, daß sich der Verkäufer in vieler Hinsicht um sein Schiff gekümmert hat und daß der Faktor Geld bei der Eigen-tumsübertragung nicht die einzige Rolle spielt. Er muß sich ebenfalls darüber klar werden, daß der Verkäufer nicht jeden Preis akzeptieren wird, gerade, wenn eine starke emotionale Bindung des Verkäufers an sein schiff gegeben ist.

IV. Der Preis

Der Angelpunkt, um den es sich letztendlich dreht und weshalb viele der hier Anwesenden überhaupt zuhören, ist die Preisfindung.

Der Ausgangspunkt einer Wertberechnung ist der gegenwärtige Wiederbeschaffungs-wert, also nicht, wie von vielen angenommen, der Neuwert zum Zeitpunkt des Ersterwerbs. Vereinfacht gesagt, wird also der gegenwärtige Werftpreis zuzüglich an Bord befindlicher Sonderausrüstung zugrunde gelegt und dann um einen Prozentsatz berichtigt.
Dazu ein Beispiel:
Ein Schiff hat zum 1.11.1997 DM 300 000,- gekostet.
Zum 1.1.1999 hat die Werft den Preis um 10% auf DM 330 000,- erhöht.
Der Zeitwert des Schiffes kann - abhängig von diversen anderen Faktoren - zum 1.5.99 auf 80% der Wiederbeschaffungskosten angesetzt werden.
Es werden also erst einmal DM 264 000,- und nicht DM 240 000,- angesetzt.

Angenäherte Restwerte für Brückendeck-Kreuzerkatamarane zwischen neun und 14 Meter Länge können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden.

Andere Schiffstypen bilden andere Kurven. So werden Micro-Katamarane grundsätzlich höher abgeschrieben, vor allem in den ersten zehn Jahren, während große Kreuzerkats in den ersten drei Jahren niedriger, in mittleren Jahren gleich und in späteren Jahren etwas höher bewertet werden. Völlig unterbewertet werden z.B. Wharram Designs, besonders in den ersten sechs bis acht Jahren. Bei gut erhaltenen älteren Wharramschiffen flacht die Kurve dann ab und sie behalten den Restwert relativ lange. Eine Sonderrolle spielen auch Regattaschiffe, Eigenbauten und „exotische“ Designs, zu denen ich auch Proas, Schiffe mit starren Profilsegeln oder außergewöhnlichen Baumaterialien rechnen möchte.

Doch werden auch Bewertungkriterien zur Beurteilung der Einzelkomponenten herangezogen. So können die Maschine, die Segel oder der Rumpf prozentual im Verhältnis zu dem Gesamtwert des Bootes gewertet werden, dabei sind die Prozentsätze Annäherungswerte, die sich an den Erstellungskosten der Werft orientieren.

Wichtig werden solche Einzelkomponenten dann, wenn bei älteren Schiffen z.B. im letzten Jahr eine neue Maschine eingebaut worden ist, die dann extra abgeschrieben wird.

Hier ein Beispiel für einen mit einer Doppelmotorenanlage ausgerüsteten Kat.

BootskomponenteProzentsatz des Gesamtwertes
Der Bootsrumpf incl. Deck, Cockpit, aller Verbände und tragenden Schotte25%
Innenenrichtung incl. Sanitärinstallation und E-Anlage (incl. Wassertanks)23%
Maschinen incl. Installation, Wellenanlage und aller Nebenaggregate (incl. Dieseltanks)20%
Rigg incl. Segel und aller zur Bedienung notwendigen Komponenten18%
Bewegliche Ausrüstung incl. Navigationsausrüstung14%

Da sich aber Einzelkomponenten unterschiedlich abwerten, werden sie sich bei einem 20 Jahre alten Boot ungefähr wie folgt darstellen. Dabei wird unterstellt, daß alle Verschleißteile regelmäßig ersetzt worden sind und das Boot insgesamt gut gepflegt und gewartet ist:

BootskomponenteProzentsatz des Gesamtwertes
Der Bootsrumpf incl. Deck, Cockpit, aller Verbände und tragenden Schotte27%
Innenenrichtung incl. Sanitärinstallation und E-Anlage (incl. Wassertanks)25%
Maschinen incl. Installation, Wellenanlage und aller Nebenaggregate (incl. Dieseltanks)17%
Rigg incl. Segel und aller zur Bedienung notwendigen Komponenten17%
Bewegliche Ausrüstung incl. Navigationsausrüstung14%

Da sich aber Einzelkomponenten unterschiedlich abwerten, werden sie sich bei einem 20 Jahre alten Boot ungefähr wie folgt darstellen. Dabei wird unterstellt, daß alle Verschleißteile regelmäßig ersetzt worden sind und das Boot insgesamt gut gepflegt und gewartet ist:

BootskomponenteProzentsatz des Gesamtwertes
Der Bootsrumpf incl. Deck, Cockpit, aller Verbände und tragenden Schotte27%
Innenenrichtung incl. Sanitärinstallation und E-Anlage (incl. Wassertanks)25%
Maschinen incl. Installation, Wellenanlage und aller Nebenaggregate (incl. Dieseltanks)17%
Rigg incl. Segel und aller zur Bedienung notwendigen Komponenten17%
Bewegliche Ausrüstung incl. Navigationsausrüstung14%

Ein Beispiel:
Wenn ein 20 Jahre alter Katamaran heute noch DM 100 000,- wert ist, aber im letzten Jahr eine Maschinenanlage incl. Wellen, Tanks usw. im Wert von DM 40 000,- eingebaut bekommen hat, ist das Boot nicht DM 140 000,- wert. Wir müssen vielmehr von den 100 000,- die Motorenanlage im „Altwert“ von DM 17 000,- abziehen, den Motorenwert von DM 40 000,- für ein Jahr mit 25% abschreiben und dann zu dem Bootswert von DM 83 000,- addieren. So kommen wir auf folgendes:

Zeitwert des Schiffes ohne MotorenDM 83 000,-
+ aktueller MotorenwertDM 30 000,-
Zeitwert des Schiffes mit neuen MotorenDM 113 000,-

Alle Gesamt- und Einzelkomponentenwerte beziehen sich auf ein gut erhaltenes, gesundes Boot. Alle Mängel werden mit einem Abzug, alle besonders gut erhaltenen Details mit einem Aufschlag versehen.

Zusätzlich zu dieser Werterfassung kommen aber noch die besonderen Marktbedingungen:

Der Markt für Mehrrümpfer ist in Deutschland eher klein und muß deshalb international oder zumindestens westeuropäisch gesehen werden.

Hier findet man genügend Boote zur Auswahl, die sich dann aber wieder am Preisgefüge des jeweiligen Heimatlandes orientieren.

Man wird also einen bestimmten Schiffstyp mit einem länderspezifischen Auf- oder Abschlag versehen müssen. So kann z.B. eine Heavenly Twins in Deutschland durchaus 10% unter dem Preis eines identischen englischen Schiffes verkauft werden oder eine Maldives in Frankreich 10% unter dem Preis eines identischen deutschen Bootes.

Rechtliche Fragen

Zum Schluß dieser Abhandlung möchte ich noch einmal auf unsere vorhin dargestellten objektiven Kriterien zurückkommen, bei denen auf die Preisfindung noch die rechtlich korrekte Vertragsabwicklung folgen muß, denn ohne ordentliche Papiere ist auch iein Boot nichts Wert.

Im Inland ist ein Verkauf relativ einfach. Da aber, wie schon erwähnt, der Multihullmarkt ein internationaler ist, muß beim Kauf und Verkauf im oder ins Ausland etwas beachtet werden. So wird beim Erwerb in Frankreich ein Dokument, ein Acte du Vente, in England ein Bill of Sales bei der Übergabe ausgehändigt. Das ist praktisch eine Verkaufsquittung, die wie ein Fahrzeugbrief gehandhabt werden kann. Verkaufen wir an einen Engländer oder Franzosen, dann verlangt dieser so etwas. Da ein deutscher Privatmann einen derartigen Vordruck nicht in der Schublade hat, wird der Käufer eventuell einen aus seinem Land mitbringen. Den muß man dann entweder selber oder bei einem Kundigen übersetzen lassen und dann ausfüllen und unterschreiben.

Ferner ist der Nachweis über die gezahlte Mehrwertsteuer wichtig, die entweder über lückenlose Kopien der bisher abgewickelten Kaufverträge oder/und über einen Nachweis des ständigen Verbleibes in der EU erfolgen kann. Da man von niemandem verlangen kann, 20 Jahre alte Liegeplatzquittungen aufzubewahen, reicht der Stichtag 31.12. 1992. Für Boote, die vor 1986 gebaut worden sind, reicht nur der Nachweis des EU-Liegeplatzes, bei Schiffen jüngeren Datums müssen die Kaufverträge mitgeliefert werden. Diese Nachweise sind bei In- und Ausländischen Geschäften zu führen. In Deutschland wird der Papierkrieg aber – wer hätte das gedacht – nicht so ernsthaft geführt wie z.B. in Frankreich, wo die Bootsbesitzer sogar eine jährliche Steuer für ihr Boot zu entrichten haben. Wird ein Schiff aus einem Drittland erworben, das nicht in der EU gebaut worden ist, muß bedacht werden, daß es ein CE- Zertifikat braucht, wenn es eingeführt wird.


Verantwortlich für den Beitrag ist Herr Ralf Weise
Tel: +49/(0)421/656480, Fax: +49/(0)421/656478, Email